Der 11. Ernst-Boll-Naturschutztag am 06.11.2021 fand in der Hochschule Neubrandenburg statt

21.11.2021
Der 11. Ernst-Boll-Naturschutztag am 06.11.2021 fand in der Hochschule Neubrandenburg statt

Corona-Sitzordnung in NB (Foto A. Griesau)

Unter strenger Einhaltung der 3G-Corona-Regel füllten 98 Teilnehmer den Hörsaal in der Hochschule Neubrandenburg. Herr Prof. Dr. H. Behrens eröffnete und leitete die Veranstaltung. Nach einem Grußwort von Frau Ute Hennings, Direktorin am Landesamt für Umwelt, Natur und Geologie M-V. gab es vier Vorträge zum Motto der Veranstaltung

„SCHUTZGEBIETE, INSELN DER BIODIVERSITÄT ODER PAPIERTIGER?“

Frau K. Wegener vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt M-V referierte zum Thema “Naturschutzgebiete: Hotspots der Biodiversität – Stand und Ausblick.“ Nach Ansicht der Referentin sollte die Naturschutzpolitik im nordöstlichsten Bundeslands Deutschlands in Ordnung sein.

Doch der Schein trügt, wie die beiden folgenden Beiträge von Prof. Dr. Hans Dieter Knapp (Holzwirtschaft in Naturschutzgebieten – Altlast von vorgestern) und Dr. Hans Jürgen Spieß (Zustand von Naturschutzgebieten in M-V – Ergebnisse einer Studie des NABU) zeigten. Der Berichterstatter hat erstmals in dieser Deutlichkeit kritische Worte auf einem derartigen Forum gehört, und er bedauert sehr, dass Frau Hennings aus Zeitgründen (?) die Veranstaltung bereits verlassen hatte.

Prof. Knapp zeigte in erschreckender Klarheit die Alibifunktion des Wortes „Naturschutz“ auf: Pflückt ein Besucher eine Anemone ab, ist dies eine strafbare Handlung. Andererseits aber ramponiert die Forst mit schwerer Technik die Bodenstruktur und bewirtschaftet die Baumbestände. So ergänzte Dr. Spieß mit seiner Darstellung das von Prof. Knapp Gesagte deutlich. Beide stellten der Naturschutzpolitik unseres Landes kein gutes Zeugnis aus. Wenn dann von Behördenseite aus immer wieder erklärt wird, wie wichtig des Ehrenamt doch sei, so klingt das in den Ohren der Naturschützer eher wie Hohn. Denn das Ehrenamt beinhaltet mehr als nur die Freiwillige Feuerwehr und soziales Engagement, ohne dies herabwürdigen zu wollen.

Als letzten Beitrag stellte Mathias Vieth stellvertretend für Udo Steinhäuser das „Marienfließ – Vom Truppenübungsplatz zum europäischen Schutzgebiet“ vor. Er zeigte sehr anschaulich die Nutzung der als Truppenübungsplatz genutzten Landschaft. Besonders interessant war die Entwicklung des Ziegenmelkerbestandes.

Nach der Mittagspause, die unter dem Motto "Selbstverpflegung" stand, stellte sich die Fachgruppe Ornithologie Neubrandenburg vor.

Für Klaus-Jürgen Donner gab es 15 min. Rednerzeit für "60 Jahre Fachgruppe Ornithologie Neubrandenburg"; das war zu wenig Zeit. Der Redner sprach 30 min., und dennoch war längst nicht alles gesagt.

Aaron Hofmann berichtete über seine Aktivitäten im Rahmen von regionalen Artenschutzprojekten für die Dohle im Raum Neubrandenburg sowie Ringablesungen in den Kolonien. Durch die Schaffung von Brutmöglichkeiten mittels Einbau von Nistkästen in verschiedenen Kirchen wurde eine nachweisbare Ausbreitung der Dohle unterstützt. So konnte Aaron auch anhand von Ringablesungen nachweisen, dass die Brutvögel bei der Neuansiedlung von Dohlen in der Kirche Penzlin Dohlen u.a. in den Kolonien Remplin, Wittstock/ Dosse, Zettemin, Altentreptow, Gülzowshof b. Loitz und Hinrichshagen erbrütet wurden.

Wie geht es dem Schreiadler an der Westgrenze seines Brutareals? Das war der Beitrag von Andreas Hofmann. Darin gab er einen Überblick über die langfristige (negative) Entwicklung der Schreiadlerpopulation in MV sowie aktuelle Probleme beim Schreiadlerschutz. Die immer intensivere Land-/Waldnutzung sowie der verstärkte Energiepflanzenanbau bedingen eine immer schlechtere Nahrungsverfügbarkeit für die Adler, was auch Auswirkungen auf Revierbesetzung und Bruterfolg hat. Das Jahr 2021 wird hinsichtlich des Bruterfolges als eines der schlechtesten Jahre seit Beginn der planmäßigen Erfassung eingehen. Außerdem nehmen die Gefahren für die Adler durch den Ausbau erneuerbarer Energien im Brutgebiet sowie auf den Zugwegen stark zu, was beispielhaft belegt wurde.

Die Feuchtsenke Wrodow „Ein neues Vogelparadies im Wandel der Zeit“ stellte Frank Brehe vor. Mit beeindruckenden Fotos und informativen Aussagen stellte Frank das Gebiet in einem geschichtlichen Abriss vom ehemaligen See zum heutigen Feuchtgebiet vor. 2012 kaufte die NABU - Stiftung Nationales Naturerbe die ca. 50 ha große Fläche; welche fortan zum 378 Hektar großen Wald- und Seegebiet „Lapitz - Geveziner Waldlandschaft“ gehörte. Dieses ist nun in das Europäische Vogelschutzgebiet (SPA) „Kuppiges Tollensegebiet zwischen Rosenow und Penzlin“ integriert ist.

In jahreszeitlichen Abschnitten von 2012 bis 2021 berichtete Frank von der Veränderung des Gebietes und den bisher 195 nachgewiesenen Vogelarten. 39 Arten sind als sicher und 40 Arten als wahrscheinliche Brutvögel nachgewiesen. 116 Arten sind als Nahrungsgäste, Durchzügler und Wintergäste einzustufen. Aber nicht nur die Vögel haben das Gebiet erobert; auch der Fischotter zieht erfolgreich Junge in der Feuchtsenke auf und ist regelmäßig zu beobachten.

„26 Jahre Wiederansiedlung der Flussseeschwalbe im NSG Nonnenhof“ war der Beitrag von Axel Griesau. Da gab es von erfolgreichen und weniger erfolgreichen Brutjahren auf den 3 Kunstpontons zu berichten. Bisher wurden 2097 junge Flussseeschwalben auf den Inseln flügge und haben so zum Arterhalt beigetragen. Ein Teil dieser Jungvögeln wurde beringt, und viele Ablesungen belegten den bekannten Zugweg in westlicher Zugrichtung entlang der westafrikanischen Küste bis nach Südafrika. Einige beringte Flussseeschwalben wurden in Bulgarien und Israel abgelesen und belegen den wahrscheinlichen Ostzug. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf. In seinem Schusswort wies er darauf hin, dass dieser „Nistkastennaturschutz“ sehr kraftaufwendig und teuer ist und in keiner Weise als nachhaltig zu betrachten ist. Die Wiederherstellung natürlicher Lebensräume ist dringend erforderlich, um langfristig den Bestand der Flussseeschwalbe zu erhalten. Für die Umsetzung der FFH-Managementmaßnahmen und weiterer WRRL-Maßnahmen sind die verantwortlichen Behörden in die Pflicht zu nehmen.

Ein Großer Dank gilt allen Beteiligten, Helfern und Mitorganisatoren vom BUND, NABU und der FG Ornithologie. Ohne diese 26jährige Unterstützung wäre die Aktion "Fluse" nicht so erfolgreich geworden. Alle Beitrage werden auf der Homepage der HS Neubrandenburg eingestellt und sind nachträglich für alle Interessierten einzusehen.

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