Wir empfehlen selten, aber nun doch erst im Januar erhältlich

07.12.2021
Wir empfehlen selten, aber nun doch erst im Januar erhältlich

Der Schreiadler ist die große ornithologische Besonderheit der beiden Nordost-Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg.

Auch dank des langjährigen Engagements eines eingeschworenen Kreises von Adlerschützern in beiden Ländern konnte der Abwärtstrend trotz anhaltender Verschlechterungen in seinem Lebensraum (hoffentlich dauerhaft) aufgehalten werden. Während die Art wissenschaftlich mittlerweile gut erforscht ist und dadurch viele Ansätze zu seinem Schutz gewonnen werden konnten, fehlte es bislang an einer umfassenden Darstellung des Kenntnisstandes über die Art auch für ein breiteres naturinteressierteres Publikum.

Diese Lücke schließt jetzt auf beeindruckende Weise der bekannte Berliner Wissenschaftsjournalist und Naturfotograf Thomas Krumenacker. Der Autor ist selbst im Adlerschutz aktiv und hat unter anderem an der Erforschung des Schreiadler-Zugs in Israel mitgearbeitet. Diese „Vorbelastung“ stellt sich nun als Glücksfall heraus.

Denn mit „Könige der Lüfte“ legt Krumenacker ein Buch vor, das spektakuläre Naturfotografie mit lebendig geschriebenen Texten verbindet - ohne es dabei an fachlicher Tiefe mangeln zu lassen. „Könige der Lüfte“ ist Bild-band, Sachbuch und engagiertes Plädoyer für eine andere Umweltpolitik in einem.

Der Autor hat in den letzten 20 Jahren viel Zeit damit verbracht, die scheuen Vögel aus der Nähe zu studieren und abzulichten. Mehr als zwei Dutzend Reisen führten ihn in die ost- und nordosteuropäischen Hochburgen der Adler und in ihre nahöstlichen Durchzugsgebiete. Er fotografierte das Brutgeschehen aus selbstgezimmerten Baumverstecken und er charterte Kleinflugzeuge, um die Vögel auf dem Zug zu begleiten.

Selbst die Luftwaffe Israels überzeugte er, sein Vorhaben mit Radar-Informationen zu unterstützen. Wenige andere Menschen dürften ähnlich viel Zeit in der unmittelbaren Begegnung mit diesem scheuen Vogel verbracht haben. Dieser Band ist Krumenackers Bilanz aus zwei Jahrzehnten Beschäftigung mit dem Schreiadler und bietet bislang selten gesehene Einblicke in das Leben einer unserer heimlichsten Vögel.

In den Textkapiteln vermittelt der Autor aus eigener Kenntnis und auf Basis der vorliegenden Forschungsergebnisse den aktuellen Kenntnisstand zu der Art. Alle relevanten Publikationen auch aus den beiden Nordost-Bundesländern finden sich im ausführlichen Literaturverzeichnis.

Im Stile eines modernen, aber nicht effekthaschenden Science-Writing wird beispielsweise die Eigenart der Geschwistertötung - des Kainismus - ausführlich thematisiert, ohne dabei das leidige und vermenschlichende Klischee des „Brudermords“ zu bedienen. Auch die nicht unumstrittenen Bemühungen in Brandenburg, die schwindenden Populationen über die Entnahme von Eiern aus den Nestern und der künstlichen Aufzucht der daraus geschlüpften Jungen zu stabilisieren, erhalten breiten Raum in Bild und Text.

In diesem Kapitel referiert der Autor die Positionen für und gegen das sogenannte Jungvogelmanagement - angenehmerweise, ohne sich selbst bevormundend auf eine Seite zu schlagen. Weitere Kapitel beschäftigen sich mit der Schätzung der globalen Populationsgröße, der Schreiadler-Verfolgung durch Menschen auf ihren Zugwegen nach Afrika, dem Zugverhalten selbst oder - angenehm kritisch - dem allzu oft nur auf geduldigem Papier festgehaltenen - gesetzlichen Schutz für die Adler.

Eigene Kapitel widmet Krumenacker auch den Gefahren durch die Intensivlandwirtschaft sowie den aus dem Klimawandel und der Windenergie erwachsenen Problemen für die Adler. Gelungen schlägt der seit drei Jahrzehnten als Journalist tätige Autor den Bogen zwischen seiner Faszination für eine einzelne Vogelart und seinem Eintreten für eine insgesamt nachhaltigere Umweltpolitik hierzulande.

Der Schreiadler ist für Krumenacker der „heimliche Wappenvogel“ der Bewegung für eine Reform der Agrarpolitik.

„Da, wo es dem Schreiadler gut geht, geht es auch den Menschen gut“, schreibt er. „Wo er noch lebt, quaken Frösche, summen Insekten, grasen Kühe auf der Weide statt in Ställe eingepfercht zu sein – und werden gesunde Lebensmittel erzeugt.“

Der Schutz des Schreiadlers ist für Krumenacker also mehr als ein weiteres isoliertes Naturschutzprojekt. „Der Schreiadler ist der geborene Verbündete der vielen Tausend Menschen, die sich eine Wende in der Landwirtschaft wünschen“, ist er sicher.

„Wenn wir ihn schützen, schützen wir auch uns selbst“, fasst er sein Credo zusammen. „Jedes Land sollte ein solches Buch haben“, hat die japanische Prinzessin Takamado als Ehrenvorsitzende von BirdLife International vor vier Jahren über Krumenackers Bildband „Vögel in Israel“ geschrieben.

Nun kann man hinzufügen: Jede Vogelart sollte ein solches Porträt bekommen. „Könige der Lüfte“ wird alle Freunde spektakulärer Vogelfotografie begeistern und ist zugleich weit mehr als ein Buch nur für Vogelfreaks.

 

Thomas Krumenacker Könige der Lüfte - Das geheime Leben der letzten Schreiadler Deutschlands,

gebunden, 192 Seiten mit zahlreichen Fotos 22, 7 x 27, 4 cm,

Frederking u. Thaler ISBN: 3954163489 EUR 32,99

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